Bestrafte Dreistigkeit
von Karl Wilhelm - Rektor in Hülzweiler

Es war nach dem ersten Weltkrieg im Jahre 1919. Die Zeiten waren schlecht. Man hatte nicht genug zu essen. Da zogen das “Roschgret" und das “Thielnkattchin” auf den Saargau um zu hamstem. “Hamstern” nannte man es, wenn man zu den Bauern ging, um etwas essbares zu erbetteln, zu kaufen oder zu tauschen.

Beide Frauen hatten aber nichts zum tauschen, und Geld hatten sie auch nicht. Sie zogen aber resolut los und klopften in den Dörfern auf dem Gau an die Haustüren der Bauem. Sie bekamen nicht viel. Die Ausbeute war mager. Unzufrieden kamen sie in Bedersdorf an einen stattlichen Hof.

“Je greßa da Hof, je geiziger is da Bauer”, meinte das “Roschgret” und wollte weiterziehen. Doch die resolute Freundin “Thielnkattchin” sagte: “Jetz gehn ich easchd grad hin und forran ma ebbes”. Gesagt. Getan. Man klopfle an der Tür zum Wohnhaus, und -wie gesagt- ein mürrischer, unfreundlicher Bauer erschien und fragte barsch: “Was wollt ihr ?”.

Die beiden Frauen brachten ihr Anliegen vor. Sie wollten ein paar Pfund Kartoffeln oder einen Leinensack den sie bei sich trugen, mit Mehl gefüllt haben, vielleicht auch ein Stück Speck. “Hört auf mit eurer Litanei”, polterte der Bauer, “jeden Tag kommen andere und erzählen uns Märchen vom kranken Mann und vielen Kindern. Haut ab !”

So grob war noch keiner den ganzen Tag zu ihnen gewesen, und so gingen die beiden weiter. Als sie am Küchenfenster des Hofes vorbei kamen, sahen sie auf der Fensterbank eine Reihe von runden Schüsseln mit “Schweinskäs”. Das Wasser lief ihnen im Mund zusammen. “So”, sagte Thielnkattchin, ”jetzt gehn ich normno zrick un fron ääs. En der Zeit schnappscht Du Dir zwoo Schusseln Schweinskäs!".

Schnurstraks ging Thielenkattchin los und ließ das verduzte Roschgret stehen.

Der Bauer war zunächst sprachlos, als er die Frau wieder an der Haustür sah, und ein heftiges Donnerwetter ging los. Ein paar Minuten dauerte die grobe Verhandlung, und Karlchin dachte, es wär nun genug für Gret, den Schweinskäs zu stibitzen. Sie trat den geordneten Rückzug an.

Als sie an der Ecke des Hauses ankam, nahe dem Küchenfenster, fand sie die Freundin ganz verzweifelt. Was war geschehen? Im Klauen ungeübt war Roschgret ans Werk gegangen und hatte sich schnell zwei Schüsseln Schweinskäs in ihren Brustumhang gestülpt. Doch, oh Graus, die Sülze war noch warm und flüssig und lief und lief. Den Rest kann man sich gut vorstellen.

Betrippst gingen beide nun den langen Weg nach hause. Doch sie hatten selber so Viel Humor, dass sie später im Bekanntenkreis diese wahre Geschichte erzählten und herzhaft lachten.