Chronistischer Rückblick - 09. 01. 1947

Franz Xaver Quirin, Pfarrer in Hülzweiler
Otto Wilhelm

Vor 27 Jahren, am 9. Mai 1920, Wurde ich als Pfarrer in Hülzweiler eingeführt. Es war nach vielen, vielen Regentagen der erste milde, warme Maientag. Zwanzig Vorreiter kamen unserem Wagen auf schön geputzten Ackergäulen entgegen geritten und geleiteten uns zur Prozession, die am Eingang der Ensdorfer Straße aufgestellt war Punkt vier Uhr nachmittags.

Ein Schulkind, Maria Lessel‚ sprach den ersten Willkommensgruß. Dann bewegte sich die Prozession in schöner Ordnung in die Kirche. Herr Dechant Eugen Wagner aus Bous nahm die kanonische Feier Vor. Die kirchliche Feier dauerte eineinhalb Stunden. Daran schloss sich dann noch die kleine häusliche Feier an, an der die benachbarten Pfarrer Junker aus Schwalbach, Pfarrer Rausch aus Ensdorf, Johann Erb aus Fraulautern, Peter Rochus aus Saarwellingen und Pfarrer Nikolaus Schmitt aus Schwarzenholz teilnahmen.

Als liebe Gäste waren noch vier Freunde und Hausgenossen zugegen:
Pastor Jacob aus Köllerbach, Herr Definitor Dahrnen aus Lebach, Pastor Henz aus Haustadt und Pastor Rupp aus Clotten ( ein Hülzweiler Pfarrkind, das leider schon am 20.12.1920 verstarb). Im Pfarrhaus wurde dann nach den Empfangen der Lehrpersonen und des Kirchenvorstandes Kaffee getrunken.

Am folgenden Tag ( l0. Mai—Bittwoche) begann der Hochbetrieb in den Schulen: Hochbetrieb war geboten durch die bevorstehende bischöfliche Visitation. 720 Schulkinder waren so verteilt, dass Kaplan Nachtshein 14 Katechismusstunden übernahm und ich derer 10.

Am Sonntag, dem 16. Mai 1920 nachmittags, kam der Hochwürdige Herr Weihbischof Dr. Mönch von Schwalbach her zur Visitation und Firmung nach Hülzweiler zu 365 Mädchen und Jungen im Alter von 10 bis 14 Jahren ( Erstkommunionkinder 1917 — 1920). Bei der Prüfung antworteten die Kinder frisch und lebendig. Ab und zu ging eine Antwort daneben, aber der Gesamteindruck war ein sehr guter. Herr Weihbischof Dr. Mönch sagte Vorher: “Herr Pastor, Sie sind für die Leistungen der Kinder nicht verantwortlich”. Nachher aber meinte er, für eine so gute Leistung wäre jeder gerne Verantwortlich.

Nach dem Empfangen im Pfarrhaus kam es dann rasch zum Aufbruch. Dann stellte sich heraus, dass der Bischofsdiener (Johann) keinen Kaffee bekommen hatte. Das Verdrossene Gesicht des alten Dieners hellte sich aber schnell auf nachdem ich ihm drei gute, dicke Zigarren in die Hand drückte.

Sonntag‚ 23. Mai — Pfingstsonntag. Zum ersten Mal hörte ich in der Heiligen Messe die ganze Kraft und Feinheit unseres Kirehcnchores unter der Leitung seines Dirigenten Herrn Stephan Schäfer keimen. Man denke sich: 80 Männerstimmen, meist zwischen 20-35 Jahren, 40 Mädchen von 15-25 Jahren; dazu noch 25 Schulknaben. Schon in seiner Zusammenstellung ein idealer Chor. Wer diesen Kirchenchor zum ersten Mal hört, ist überrascht, beglückt und begütert.

Am Abend war Tanzmusik: Man stelle sich vor — nach dem verloren Weltkrieg zum ersten Mal Tanzmusik !

Anmerkung:
Franz Xaver Quirin, *4.4.1875
Pfarrer in Hülzweiler von 1920 bis 1951
+ 23.3.1951 — Karfreitag — am Altar der Pfarrkirehe zur selben Stunde, da er in Trier vor 50 Jahren zum Priester geweiht worden war.

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