Kirw 1937
Die Kirmes 1937

A. Altmaier — 1937

Am Sonntag nach Laurentius ist die Kirmes in Hülzweiler. Das Korn ist bereits unter Dach und Fach, oft auch schon der Hafer. Und nun kommt das höchste Fest in Hülzweiler. Schon acht Tage vorher kommt das große Putzen in den Häusern, und manche Frau wird zum Putzteufel. Der Mann hackt das Brennholz, damit die Frauen den Kuchen im großen Backofen backen können. Er bringt Stall und Haus in Ordnung, damit jeder sehen kann: Jetzt ist die Kirmes in Sicht. Der schlimmste Tag ist der Freitag. Da sind die Frauen aufgeregt und zuweilen recht kratzbürstig, und die Kinder sind "im Weg". Sie werden auch zu allerlei Handreichungen befohlen. Das ist manchmal gar nicht so einfach, denn wenn am Donnerstag vor der Kirmes die ersten "Kommeedeswään" anrollen, gibt es für die Buben kein Halten mehr. Man will dabei sein, wenn die Karusselle aufgestellt werden. Am Samstag ist es dann soweit. Die Vereine machen die Leiterwagen fertig. Sie werden mit "Maiien" (Baumzweigen) ausgeschlagen, und ein Fass Bier wird aufgeladen. Die Wagen stellen sich am Ensdorfer Wald anf‚ und dann geht es zu den Klängen einer Blaskapelle in das Dorf, wo alles an den Straßenseiten die Kirmes erwartet. Die Burschen auf den Wagen singen und rufen: "Wem is' de Kirw ?", und das Volk antwortet: "Uusl". Gesang und Musik geht es dann in die Vereinslokale, wo tüchtig gefeiert wird. Man singt öffers das alte

Kirwenlied:
"Wenn Kirw is, wenn Kirw ist,
wenn Kirw is
dann schlacht mein Pappen en Buck,
dann dazt mein Mammen, dann danzt mein Mammen,
dann flättat ihr Rock".

Fünf Tage wird in Hülzweiler gefeiert. Am Sonntag ist ein festliches Hochamt in der Pfarrkirche, und nach dem Amt beginnt schon auf dem "Määakt" das Kirmestreiben. Die Kinder bekommen von den Eltern, den Großeltern und manchmal auch von Pad und Good ihr “Kirwengeld"‚ in den Familien finden sich ot Kirmesgäste ein, Verwandte oder Freunde aus den umliegenden Orten. Nachmittag geht dann alles über den Kirmesrummel, der sich bei uns ja von der Hauptstraße, vom "Grießerburren" bis an die Gastwirtschat Schwinn abspielt. Die ganze Hauptstraße ist ein buntes Treiben und die vielen Karusselle, Schießbuden, Spielwarenstände, Rostwurst- und Zuckerbnden locken die Kinder an.

Am Kirmesmontag findet der Viehmarkt statt, wo man auch die Marktschreier und den "billigen Jakob" bewundern kann Nicht nur für die Erwachsenen sondern auch für die Kinder ist es ein besonderer Tag. In den Gastwinschaften feiern die Vereine ihren Frühschoppen, und manch braver Mann vergisst sein Mittagessen.

Am Mittwoch wird die Kirmes beerdigt. Von der Gastwirtschaft "Strauß Matz" setzt sich ein Tranemarsch in Bewegung. Alle Männer sind in Schwarz, tragen Schinkenknochen und Welke Blumensträuße mit, und man hört lautes Wehklagen. Am Ensdorfer Wald, dort wo man die Kirmes abgeholt hat, wird eine Flasche Schnaps vergraben Sie soll im nächsten Jahr wieder ausgegraben werden. (Man sagt. aber, dass schon am selben Abend die Flasche leer gemacht wurde.) Dann geht es mit einem schneidigen Marsch zurück ins Dorf, wo tüchtig weiter gefeiert wird. Die ganze Prozedur wird von der gesamten Dorfjugend begleitet, und man freut sich schon auf nächstes Jahr.

 
Kirw 1937
Foto: Aus der Sammlung von Peter Strumpler